Der Bundesrat lehnt die Ernährungsinitiative ohne Gegenvorschlag ab. Ebenso der Schweizer Bauernverband. Grund dafür ist ein unrealistisches Ziel, das mit weitreichenden Eingriffen in Landwirtschaft und Ernährung verbunden wäre. Besonders betroffen wäre die tierische Produktion und damit auch die ausgewogene Ernährung der Bevölkerung.

Die Volksinitiative „Für eine sichere Ernährung“ fordert, dass die Schweiz ihren Selbstversorgungsgrad auf 70 Prozent steigert. Aktuell liegt dieser je nach Berechnungsmethode zwischen 50 und 60 Prozent. Die Initiative zielt damit auf eine deutliche Ausweitung der Inlandproduktion. Was auf den ersten Blick sinnvoll erscheinen mag, lässt sich jedoch in der Praxis kaum umsetzen, zumindest nicht, ohne gravierende Eingriffe in bestehende Strukturen.

Schweizer Bauernverband und Bundesrat lehnen das Begehren ab

Der Bundesrat veröffentlichte am 13. August 2025 seine Botschaft zur Initiative. Darin empfiehlt er dem Parlament, das Begehren ohne Gegenvorschlag abzulehnen. Auch der Schweizer Bauernverband (SBV) stellt sich gegen die Initiative. Die Begründung ist sachlich: Ein Selbstversorgungsgrad von 70 Prozent wäre ohne drastische Einschränkungen in der Tierhaltung nicht realisierbar. Gleichzeitig würden neue Vorschriften die pflanzliche Produktion verkomplizieren und verteuern.

Fleisch bleibt wichtiger Bestandteil einer ausgewogenen Ernährung

Die Initiative impliziert, dass eine höhere Selbstversorgung vor allem durch eine Umstellung auf pflanzliche Ernährung zu erreichen sei. In der Praxis würde dies auf eine markante Reduktion des Fleischkonsums hinauslaufen. Doch wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass tierische Produkte nach wie vor einen wichtigen Bestandteil einer ausgewogenen Ernährung darstellen – insbesondere hinsichtlich Proteinqualität, Vitamin B12, Eisen und anderen Mikronährstoffen, die in rein pflanzlicher Ernährung nur schwer in ausreichender Menge verfügbar sind.

Graslandanteil macht Tierhaltung unverzichtbar

Etwa 70 Prozent der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche in der Schweiz sind sogenanntes Dauergrünland und sie können nur durch Wiederkäuer wie Rinder, Schafe oder Ziegen sinnvoll genutzt werden. Der Umstieg auf rein pflanzliche Produktion würde bedeuten, dass ein grosser Teil der Flächen ungenutzt bliebe. Die heute bestehende Kombination aus Tierhaltung und Ackerbau ist agrarökologisch sinnvoll und ressourceneffizient.

Kühe auf Alpweide in Graubünden
Kühe auf Alpweide in Graubünden

Auch der Pflanzenbau würde unter der Initiative leiden

Neben der Tierhaltung betrifft die Initiative auch den Pflanzenbau. Vorgaben zum Saatgut sowie Einschränkungen beim Einsatz von Hofdünger würden die Produktionssicherheit reduzieren. Für eine sichere und resiliente Lebensmittelversorgung ist jedoch gerade die Vielfalt in der Produktion zentral, einschliesslich der Nutzung natürlicher Kreisläufe.

Folgen für Konsumierende: steigende Preise und Verlagerung ins Ausland

Ein Rückgang der Inlandproduktion, ob bei tierischen oder pflanzlichen Produkten, hätte Folgen für die Konsumenten. Die Preise würden steigen, die Verfügbarkeit regionaler Produkte sinken. Gleichzeitig würde der Einkaufstourismus zunehmen, da viele Konsumierende auf günstigere Angebote im Ausland ausweichen würden.

Die Ernährungsinitiative verfolgt ein grundsätzlich nachvollziehbares Ziel, nämlich mehr Versorgung aus dem Inland. Doch die konkreten Massnahmen und der Weg dahin sind problematisch. Der Bundesrat und der Schweizer Bauernverband sprechen sich daher klar gegen die Initiative aus. Eine sichere Ernährung setzt auf Vielfalt, Kreisläufe und realistische Rahmenbedingungen, nicht auf ideologische Vorgaben.


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